Ich möchte eigentlich nie wieder umziehen. Besitz belastet. Ich bewundere radikale Minimalisten wie Die Ordnungshüterin. Auch ich möchte mich von Ballast befreien. Luft haben. Aber so einfach geht das nicht, genetisch bedingt.
Ich stamme aus einer Familie, in der aus Prinzip nichts weggeschmissen wurde. Meine Vorfahren hatten Not erlebt und wenig Geld. Dafür verfügten sie über sehr viel Platz für alles, was sie aufheben wollten. Dachböden, Keller, Verschläge, Nebengebäude. Wurde es doch einmal eng, baute man eben an. Ein kleiner Schuppen, ein seitlicher Anbau, eine Erweiterung nach hinten zu - immer ging da noch was. Das alles war sehr weise und hatte seinen guten Sinn. Die gesamte Zeit der DDR-Mangelwirtschaft hindurch wurde in dieser Familie von Vorkriegsware gezehrt; man konnte alles noch gebrauchen und brauchte alles auf: Nägel, Werkzeuge, Stoffe, Geschirr, und Möbel hob man für die nächste Generation auf. Kleidung wurde repariert und umgeändert, und ganz am Ende noch als Putzlappen verwendet. Zuvor trennte man natürlich alles ab, was man wiederverwenden konnte: Knöpfe, Ösen, Schnallen und Haken.
Diese Schatzkisten meiner Kindheit haben alle Umzüge mitgemacht und alle Entrümpelungsanfälle überlebt. Über 50 Jahre familiäres Sammlertum gerettet, gehegt und gepflegt: Knöpfe, zu denen meiner Mutter Geschichten aus ihrer Kindheit einfallen. Und mir zu meiner. Die Zwölfelfchen schwelgen in Formen und Farben und alle sind glücklich.
Was will man mehr?
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